hierkommtmama - Bedürfnisorientiert Aufwachsen

Häufig wird Bedürfnisorientierung oder auch Attachment Parenting gleichgesetzt mit „das Kind lernt keine Regeln“, doch heißt es das wirklich?

Meine Antwort darauf ist ganz klar – Nein das heißt es nicht! Bedürfnisorientiert heißt ebenfalls nicht, dass nur die Bedürfnisse der Kindes beachtet werden, sondern die Bedürfnisse aller Beteiligten und dann – je nach Alter der Beteiligten – geschaut wird, wer zu welchem Kompromiss bereit ist. Ein Beispiel veranschaulicht es vielleicht etwas besser.

Ein kleines Beispiel

Ich war mit meiner Tochter auf dem Weg in die Stadt, wir mussten ein Geschenk für den nächsten Tag besorgen. Kurz nachdem wir losgegangen waren fing das, bei 2 bis 3 Jährigen typische, trödeln an. Sie entdeckte hier einen tollen Stein und dort ein interessant geformtes Blatt, alles musste genau angeschaut und entdeckt werden. Klar an dieser Situation ist, dass unsere Ziele und Bedürfnisse in dieser konkreten Situation kollidieren. Ich wollte gerne schnell weiter, das Geschenk besorgen und dann schnell wieder nach Hause. Meine Tochter wollte lieber jedes Detail unserer Umgebung entdecken.

Bedürfnisorientiert handeln

Welche Lösungen gab es nun also? Ich hätte sie an die Hand nehmen können und sagen können „lass das, wir müssen weiter und haben jetzt keine Zeit dazu.“ Aber wäre das richtig und Bedürfnisorientiert? Haben wir wirklich keine Zeit? Oder möchte ich mir die Zeit dazu gerade einfach nicht nehmen? Gab es vielleicht einen Kompromiss? Ich sagte also zu ihr „der Stein ist wirklich sehr schön und das Blatt auch. Möchtest du die beiden Sachen mitnehmen und wir gucken sie uns zu Hause in Ruhe an?“ Sie bejahte und sie hielt beide Sachen während des gesamten Einkaufs stolz in der Hand. Der restliche Einkauf ging recht schnell von statten. Wir nahmen noch das ein oder andere Ding mit nach Hause und zu Hause schaute sie alles nochmal in Ruhe an.

An der Situation kann man sehen, dass Bedürfnisorientierung häufig auch mit Selbstreflektion einhergeht. Ist es gerade wirklich ein Bedürfnis oder vielleicht einfach nur Faulheit zu sagen, dass ich gerade keine Zeit für etwas habe?

Bedürfnisorientiert in Regeln leben

Und auch in einem bindungs- und bedürfnisorientierten Umgang miteinander gibt es klare Regel an die sich alle zu halten haben. Zum Beispiel lasse ich mein Kind sich nicht auf eine viel befahrene Straße setzen, weil es gerade eine Pause machen will. Ich hole dann mein Kind natürlich unverzüglich und ggf auch unter Protest aus dieser Situation. Sobald wir „in Sicherheit“ sind erkläre ich was gerade passiert ist und warum man sich nicht auf eine Straße setzen kann.

Ähnliche Regel gelten natürlich auch sobald ich die Bedürfnisse anderer Menschen verletze. Beispielsweise, wenn mein Kind mich hauen oder beißen will. Ich hole es dann aus der Situation und erkläre, dass es mir weh tut und ich das nicht möchte. Klar dauert es bei Kindern eine Zeit bis sie verstehen, welche Regeln gelten. Aber meist geht das schneller als gedacht. Denk doch in der nächsten Konfliktsituation mit deinem Kind einmal kurz selbst reflektiert daran, ob dein Standpunkt wirklich dein Bedürfnis widerspiegelt und frage auch dein Kind (je nach Alter) danach. Manchmal lässt sich so eine Konfliktsituation schon bedürfnisorientiert auflösen.

Alles Liebe

Eure Lisa

3 Kommentare

  1. Mit deiner Definition von Bedürfnisorientiert kann sogar ich leben.
    Leider sehen das die meisten die darüber schreiben etwas anders, ich würde mal sagen zu extrem und ich fürchte mich ein bisschen welche Menschen da am Ende bei raus kommen. Kleine Egoisten, die nur nach dem eigenen Befinden schauen, weil das ja schon immer das Wichtigste war, ohne Rücksicht auf andere.
    Da ich ein Kind mit Behinderung habe muss unser Leben gut organisiert sein und starre Regeln helfen sich zu orientieren. Meinem Kind tut es gut, sich an diesen Regeln entlang hangeln zu können und aus diesen Grund wird ziemlich oft der Kopf über mich geschüttelt und auch mit offenem Mund betrachtet, weil mein behindertes Kind bei „Wenn ich bis drei zähle…“ wirklich aus der Hüpfburg kommt Und manchmal reagiert sie sogar auf „Wir möchten jetzt gehen…“

    1. Naja Bedürfnisorientiert bedeute eben de Bedürfnisse aller beachten. Also sollte das Kind auch lernen, sich für die Bedürfnisse andere Menschen zu interessieren und diese wahrzunehmen. Ich glaube bei dem Thema wird häufig „laissez-faire“ mit „bedürfnisorientiert“ gemischt. Bedürfnisorientier ist für mich eine recht „normale“ Erziehung. „laissez-faire“ also ohne Regel würde für uns auch nicht passen. 🙂

  2. Liebe Lisa,
    da hast du schöne Beispiele gefunden. Und so wie du bedürfnisorientiert definierst gehe ich da 100% mit. Ich lese da auch öfter eher „das Bedürfnis meiner Kinder hat Vorrang“ – und das hätte für mich auch nicht gepasst. ich habe auch Bedürfnisse und meine Kinder müssen das auch manchmal „ertragen“.

    Unsere Kinder sind ja nun schon etwas älter .. zwischen 9 und 18 Jahren … Unterm Strich kann ich sagen, dass gerade die (inzwischen auch gemeinsam) aufgestellten, klar kommunizierten Regeln meinen Kindern einen enormen Halt in ihrem Leben geben. (Auch wenn die beiden pubertierenden, das jetzt wahrscheinlich nicht öffentlich äußern würden. 🙂 🙂 🙂 )

    Für die Kinder bedeuten Regeln in diesem Zusammenhang vor allen Dingen Sicherheit, Ruhe und Verlässlichkeit. Wie ich finde nicht die schlechtesten Voraussetzungen für eine gute Entwicklung.

    Was ich in diesem Zusammenhang aber auch noch ganz wichtig finde, ist der Unterschied zwischen Regeln und Normen.
    Regeln = Darüber haben wir nachgedacht und finden, dass das aktuell die beste Lösung für alle Beteiligten ist.
    Normen = Das macht man so und deshalb tun wir das jetzt auch.
    Wir versuchen immer wieder (auch mit unseren Kindern) die Normen zu hinterfragen, um bedürnisorientierter zu leben.

    Liebe Grüße,
    Henning

    PS: Wir haben übrigens auch alle Kinder gestoffwindelt und getragetucht. 🙂

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